← Buchtitelbild © booklookerJ.L. Talmon: Die Ursprünge der totalitären Demokratie
Im Urlaub bin ich im
Museumscafe der Insel Reichenau auf dieses Buch gestoßen. Das Café ist nicht nur ein Café — es ist eine Bücherstube, in der man Bücher entdecken und sogar ausleihen kann. Man darf auch Bücher mitbringen. Jedes Jahr entdecken wir in dem Café etwas Neues.
Das Buch kam mir vor, wie aus der Zeit gefallen. Erstmals
publiziert auf Englisch im Jahr 1952, ist es in deutscher Übersetzung zum Beginn des Jahres 1961, also noch vor dem Bau der Berliner Mauer, erschienen. Der Autor, der in Polen als Sohn einer orthodoxen jüdischen Familie geborene Jacob Leib Talmon (* 14. 06. 1916 — † 16. 06. 1980) war zum Erscheinungszeitpunkt Professor für Moderne Geschichte an der Hebräischen Universität von Jerusalem.
Das Buch versucht zu zeigen, dass sich im achtzehnten Jahrhundert - gleichzeitig mit einem „
liberalen Typ der
Demokratie” und aus denselben Prämissen heraus - eine Tendenz in Richtung auf das anbahnte, was wir als „
totalitären Typ der
Demokratie” bezeichnen könnten. Beide Strömungen haben seit dieser Zeit ohne Unterbrechung nebeneinander bestanden. Die Spannung zwischen ihnen bildet ein wichtiges Kapitel in der neueren Geschichte. Denken wir an Ungarn oder auch an Polen, so ist die Frage nach der Qualität der Demokratie auch nach dem Untergang der DDR zu einer der entscheidenden Kernfragen unserer Zeit geworden. Natürlich beschäftigt sich das Buch auch mit Detailfragen, die wir heute als weniger relevant oder sogar belanglos einstufen. Von heute aus gesehen - erscheint in der Tat die Geschichte der letzten hundertfünfzig Jahre als ein Weg zwischen „liberaler Demokratie” einerseits und „totalitärer Demokratie” andererseits - eine der fortbestehenden Weltkrisen von heute.